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Transnationale Museumsgeschichte
Tagung des Fachgebiets Kunstgeschichte, Institut
für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen
Universität Berlin
17. – 18. Februar 2012
Musentempel, Hüter des kulturellen Erbes, Erinnerungsort, Stätte
der Geschmacks- und Wissensvermittlung: Die Funktionen des Museums
sind vielfältig, und je nach Museumstyp und disziplinärer
Ausrichtung werden unterschiedliche Akzente gesetzt, wenn es darum
geht, diese zu definieren. Ein stets wiederkehrendes Argument aber
ist es, dass die Institution, die mit der ersten Öffnung
fürstlicher Sammlungen für das Publikum um die Mitte des 18.
Jahrhunderts entstand, maßgeblicher Schauplatz nationaler
Identitätsbildung gewesen sei. Tatsächlich war die Zahl der
Museumsgründungen im Europa des 19. Jahrhunderts, als sich der
moderne Nationalstaat etablierte, besonders hoch. In aktuellen
museumshistorischen Forschungen indes wird der enge Zusammenhang von
Nationenbildung und der Geburt des öffentlichen Sammlungswesens
zunehmend kritisch hinterfragt, wendet man sich lokalen Traditionen zu
oder bedient sich des internationalen Vergleichs, um etwa die
Sammlungspolitik, die Inszenierung von Exponaten oder die Bauweise
einzelner Häuser zu erklären.
Das Bestreben, die
Institution Museum nicht länger in Abhängigkeit ihres jeweiligen
nationalen Kontexts zu analysieren, macht sich die Tagung zu Eigen.
Sie lädt dazu ein, über Aufgabe und Konzeption von Museen, über
museale Praktiken sowie über die Wahrnehmung der Museumskultur aus
transnationaler Perspektive nachzudenken. Welche Modelle aus dem
Ausland importierten Museumsvertreter um die eigene Sammlung zu
profilieren? Inwiefern eigneten sie sich „fremde“ Ordnungs- und
Hängungsprinzipien an? Können internationale Netzwerke, auf die
sich Museumsdirektoren und –kuratoren stützten, rekonstruiert
werden? Wie lassen sich die Aktivitäten von Kommissionen näher
beschreiben, die den Auftrag hatten den Museumsbetrieb jenseits der
Grenze auszukundschaften? Welchen Einfluss auf die Planungen, die
architektonische Gestaltung und die Zusammensetzungen von Sammlungen
hatte ein international inspirierter Kunstgeschmack? Enthalten
Briefe, Reiseaufzeichnungen oder Tagebücher von Museumsbesuchern
konkrete Hinweise auf eine vergleichende, transnationale
Rezeption?
Im Mittelpunkt der Tagung steht die Diskussion
des Museums als Raum, ja Produkt grenzüberschreitender Austausch-
und Transferprozesse. Unter diesen Vorzeichen soll eine
Auseinandersetzung insbesondere mit der Gattung des Kunstmuseums
erfolgen, wobei archäologische und kulturhistorische Sammlungen,
Kunstgewerbemuseen und die sogenannten Universalmuseen sowohl in- als
auch außerhalb Europas einbezogen werden. Zeitlich setzt die Tagung
um 1750 an, als sich die entscheidenden, uns heute noch vertrauten
Charakteristika des modernen Kunstmuseums, wie beispielsweise die
öffentliche Zugänglichkeit, der autonome Ausstellungsort, die
Anwendung wissenschaftlicher Ordnungsprinzipien oder der didaktische
Anspruch, durchzusetzen begannen. Als zweites Eckdatum der Tagung
dient noch vor der Zäsur des Zweiten Weltkriegs jene Konferenz in
Madrid, die 1934 Museumsfachleute aus aller Welt versammelte und die
Institution so ganz buchstäblich zum zentralen Gegenstand
intensiver, internationaler Debatten
machte.